Dieser Beitrag erschien erstmals am 10.12.2020 im Capital Magazin.
Eine große Zeit für den großen Staat! So ließe sich der intellektuelle Refrain vieler Beobachter zusammenfassen, die heute auf Deutschland blicken. Und in der Tat: Corona hat Hilfsprogramme für die Wirtschaft in einem Maße zur Regel gemacht, die selbst noch die Dimensionen der Weltfinanzkrise in den Jahren 2008/9 bei weitem in den Schatten stellen. So einen gewaltigen Schub an Unterstützung für bedrohte und betroffene Unternehmen hat es in der deutschen Geschichte noch nie gegeben. Und vor allem: so breit gefächert. Anders als in normalen Konjunkturkrisen erhielt nicht nur die Industrie, sondern auch der Handel und die Dienstleistungen massive Hilfen – und dies zu Recht, denn die Corona-bedingten Lockdowns trafen die lokalen und regionalen Binnenmärkte besonders hart.
Es entstand das Bild einer schwer angeschlagenen, stockenden Marktwirtschaft am staatlichen Tropf. Klar war von Beginn an: Wenn dies zum Dauerzustand würde, wäre es eine Katastrophe. Allerdings zeigte sich nach dem dramatischen Einbruch im zweiten Quartal eine bemerkenswerte kapitalistische Resilienz, die nur wenig öffentliche Beachtung fand. Es waren drei positive Entwicklungen, mit denen nur notorische Optimisten gerechnet hatten.
Zum einen erholte sich die Wirtschaft rein quantitativ erstaunlich schnell. Nach dem Einbruch des BIP von rund 10 Prozent im 2. Quartal, der Kernzeit des Lockdowns, nahm die Wertschöpfung wieder kräftig zu. Das BIP im Folgequartal stieg nämlich um beachtliche 8,5 Prozent. Ein guter Teil des Einbruchs war also eigentlich wieder wettgemacht. Man konnte das auch konkret beobachten: Die Straßen füllten sich wieder mit Lastkraftwagen und Berufspendlern, die Kinos, Theater und Restaurants waren im Rahmen des Möglichen wieder gut besucht, der grenzüberschreitende Warenverkehr nahm wieder an Fahrt auf, die vorübergehend zerbrochenen internationalen Wertschöpfungsketten wurden wieder zusammengeknüpft.
Es blieb aber keineswegs bei einer rein quantitativen Erholung. Die Welt der Wirtschaft veränderte sich qualitativ, und zwar zum Besseren. Es wurden flächendeckend strenge Hygienekonzepte umgesetzt, und zwar in praktisch allen Unternehmen der Nation, egal an welchem Ort und in welcher Branche – von der Industrie über den Handel bis zu Dienstleistungen der Gastronomie und Kultur. Und diese funktionierten: Hotspots konzentrierten sich fortan fast ausschließlich auf den privaten und halbprivaten Bereich, wo es zu Superspreading-Events kam, die eine noch viel größere Dunkelziffer davon vermuten ließ. Der kommerzielle Geschäftsbetrieb blieb dagegen verschont, eben weil er zügig und professionell auf die neuen Anforderungen reagiert hatte.